5.8.2010
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Presseschau:
Die Geschichte soll umgedeutet werden
Auch das "Neue Deutschland" beschäftigt sich mit den
Heß-Gedenkmärschen sowie den Versuchen der Neonazis, die Geschichte
umzudeuten. Der Kommentar findet klare Worte: »Wehret den
Anfängen!«
"NPD-BLOG.INFO" beantwortet die Frage, warum sich Karlsruhe als
Aufmarschgebiet anbietet und analysiert die Naziszene im Süd-Westen
Deutschlands.
Neues Deutschland
Auch das "Neue Deutschland" beschäftigt sich mit den
Heß-Gedenkmärschen sowie den Versuchen der Neonazis, die Geschichte
umzudeuten:
Neues Deutschland 4.8.2010 Von Jörg Meyer
Wieder Gedenken an Hitler-Stellvertreter
[...]
Der Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß hatte sich am 17. August 1987
nach über 40 Jahren in alliierter Haft im Berlin-Spandauer Gefängnis
erhängt. Er wurde in der oberfränkischen Kleinstadt Wunsiedel
begraben. Für die Nazis war der Suizid indes ein »Mord«. Bald
nach Heß' Tod, im Frühjahr 1988, organisierten
Kameradschaftsführer wie der bis heute aktive Hamburger Neonazi Christian
Worch einen Aufmarsch in Wunsiedel, um dem letzten hohen Funktionär des
NS-Regimes zu huldigen. Nach militanten Angriffen von autonomen Antifas 1990
wurde der Marsch 1991 verboten. Die Nazis wichen in andere Städte aus. Der
antifaschistische Protest ließ jedoch nicht nach, und ab 1994 verhinderte
auch die Polizei mit Demoverboten das Heß-Gedenken. Ab 2001 marschierten
die Nazis wieder in Wunsiedel. Höhepunkt für die Rechten war 2004, als
rund 5000 Nazis nur gut 350 Antifaschisten gegenüberstanden.
[...]
Seit 2005 sind die Heß-Märsche verboten. Grundlage ist der zum 1.
April 2005 eingeführte Absatz 4 des Volksverhetzungsparagrafen 130
Strafgesetzbuch [...]
Die Geschichte soll mit diesen Gedenkmärschen umgedeutet werden, sagt
Jan Soost gegenüber ND. Der Antifaschist war Sprecher der bundesweiten
Antifakampagne ns-verherrlichung-stoppen, die von 2004 bis 2007 den Protest
gegen die Heß-Märsche sowie gegen das »Heldengedenken« in
Halbe und den »Trauermarsch« in Dresden zusammen mit lokalen
Akteuren organisierte. »Die drei ehemals größten
Naziaufmärsche stehen für die drei Ebenen der NS-Verherrlichung -
Soldatenmythos, Opfermythos und direktes Abfeiern des NS-Regimes in
Wunsiedel«, meint Soost.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/176692.wieder-gedenken-an-hitlerstellvertreter.html
Der Kommentar findet klare Worte: »Wehret den Anfängen!«
Neues Deutschland 4.8.2010 Von Jörg Meyer
Kommentar: Damit das gleich klar ist...
Die Nazis wollen wieder Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß huldigen, der
sich 1987 im Knast erhängte. Allein das Motto »Trotz § 130 -
Mord bleibt Mord« ist Provokation genug, könnte als Verbotsgrund
dienen. War doch die Ergänzung des Volksverhetzungsparagrafen 130 im Jahr
2005 extra für die Wunsiedeler Heß-Märsche eingeführt
worden.
Nach Jahren verbotsbedingter Ruhe wollen die Rechten also einen neuen
Versuch wagen, den letzten hohen Nazifunktionär und damit das NS-Regime
direkt zu verherrlichen. Schaut man auf die Rednerliste, sieht das im Vergleich
zu früher mau aus. Damals war das Heß-Gedenken der europaweit
größte und wohl auch bedeutendste Naziaufmarsch, mit entsprechend
vertretener Prominenz. Auch an überregionaler Unterstützung scheint es
den Karlsruher Rechten noch zu mangeln.
Kein Grund zur Panik also? Sicher nicht. Aber Aufpassen ist angesagt. Sollte
das Thema in der rechten Szene verfangen, muss den Nazis am 21. August umso
deutlicher gezeigt werden, dass sie es sich abschminken können, das
NS-Verherrlichen wiederzubeleben. Auch wenn sie in Karlsruhe lange kein Land
gesehen haben, darf man sich nicht aufs Verbot verlassen. Einen
Großaufmarsch wie früher in Wunsiedel oder in Dresden kleinzukriegen
ist möglich, aber langwierig und teuer. Es gilt deshalb besonders:
»Wehret den Anfängen!«
http://www.neues-deutschland.de/artikel/176705.damit-das-gleich-klar-ist.html
NPD-BLOG.INFO
"NPD-BLOG.INFO" beantwortet die Frage, warum sich Karlsruhe als
Aufmarschgebiet anbietet und analysiert die Naziszene im Süd-Westen
Deutschlands:
NPD-BLOG.INFO 4.8.2010 Von Volker Weiß
Brauner Totenkult
Neonazis behaupten bis heute, der greise NS-Funktionär sei in der Haft
ermordet worden und verklären Heß zum Märtyrer. Die 1988
begonnenen alljährlichen Gedenkmärsche an Heß'
oberfränkischem Begräbnisort in Wunsiedel erreichten einen hohen
symbolischen Stellenwert in der Szene und ließen sich international
propagandistisch ausschlachten. Es folgten amtliche Verbotsversuche,
Ausweichrouten, Klagen und Revisionen, bis zu ihrem endgültigen Verbot
2005. Im letzten Jahr wies das Bundesverfassungsgericht schließlich eine
Verfassungsbeschwerde von Neonazis zurück, damit war das Verbot des Rudolf
Heß-Gedenkmarsches letztinstanzlich besiegelt.
[...]
Der Heß-Gedenkmarsch ist letztlich aber zu wichtig für die
Naziszene, um das Verbot hinzunehmen. Zwar blieb trotz einiger auch
internationaler Mobilisierungserfolge die erhoffte Wirkung außerhalb der
Naziszene aus, doch eignet sich die Legendenbildung um den Toten für
Nationalsozialisten vortrefflich zur Selbstbestätigung. In der Szene
kursieren Devotionalien wie Plakate und Bücher bis hin zu T-Shirts mit dem
Konterfei von Rudolf Heß. Eine Fortführung des Totenkultes hat
identitätsstiftenden Charakter und hilft bei der Rekrutierung von
Nachwuchs. Die Soziologen Thomas Dörfler und Andreas Klärner
bestätigten schon 2004 den durchgeführten Gedenkmärsche alle
Merkmale einer quasireligiösen "Ritualbildung" zur Belebung des
"gemeinsamen Glaubens" (Dörfler/Klärner, Der
»Rudolf-Heß-Gedenkmarsch« in Wunsiedel. Rekonstruktion eines
nationalistischen Phantasmas. In: Mittelweg 4/2004, S. 74-91). Die jetzt
drohende Fortführung der Aktivitäten unter einem Deckmäntelchen
war zu erwarten.
Nach der Bestätigung des Verbotes bietet sich Karlsruhe als
Aufmarschgebiet an. Das Kalkül der Veranstalter ist, am Sitz des
Bundesverfassungsgerichts statt des Heßgedenkens eine Demonstration gegen
das Verbot des Heß-Gedenkens durchzuführen. [...]
Heile-Welt-Fassade
Der Süd-Westen Deutschlands hat sich in den vergangenen Jahren immer
mehr zu einem Betätigungsfeld ungebundener Neonazis aus der so genannten
Kameradschaftsszene entwickelt. Während sich die Öffentlichkeit beim
Thema Neonazis vor allem auf die östlichen Bundesländer konzentrierte,
konnte sich hinter der Heile-Welt-Fassade der baden-württembergischen
Provinz eine aktive Naziszene etablieren. Dabei kommt ihnen das systematische
Wegschauen der lokalen Verantwortlichen zu Hilfe, das auch in diesem Teil
Deutschlands Tradition hat. Vor zehn Jahren hatte Manfred Huck in Karlsruhe eine
antifaschistische Theateraufführung in der Innenstadt angegriffen und dabei
zwei Besucher mit dem Messer verletzt, einen davon schwer. Obwohl der Täter
ein bekannter Neonazi und einschlägig vorbestraft war, bemühte sich
die Lokalpresse, die Tat zum bedauerlichen Einzelfall ohne politischen
Hintergrund herunterzuspielen.
Im letzten Jahr wurden bei einem Neonazi im südbadischen Freiburg
Chemikalien zum Bombenbau und mehrere Waffen, darunter ein Schweizer
Sturmgewehr, gefunden. Die Hinweise auf das Arsenal stammten unterdessen nicht
von den Behörden, sondern wurden den Ermittlern von Freiburger
Antifaschisten zugespielt. Diese Mentalität des Vertuschens und Nicht-
Wissen-Wollens fand 2007 ihre offizielle Entsprechung, als der damalige
baden-württembergische Ministerpräsident Oettinger in einer Trauerrede
auf seinen Amtsvorgänger Filbinger dessen nationalsozialistische
Vergangenheit gegen alle historischen Fakten schlichtweg leugnete.
Baden-Württemberg ist also für die äußerste Rechte kein
allzu unbequemes Terrain und es bleibt abzuwarten, wie sich Medien und
Behörden angesichts des anstehenden Naziaufmarsches verhalten werden.
http://npd-blog.info/2010/08/04/hess-gedenkmarsch-200/
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